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Glückwunschschreiben 1930 von Jean Beck an einen befreundeten
Geschäftsinhaber in der Leipziger Straße, Berlin, der seine Produkte
führte.
Quelle: Archiv Jüdisches Museum, Berlin.
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Neue Sachlichkeit und Schmuck und Wiener Moderne - ein Textauszug.
In Wien war Prutscher Inbegriff von Sachlichkeit, aber seine Würfelstängel, sein Dekor, sein Schliff, seine Farben brachten prachtvolles Dekor ins Gebrauchsglas.
In München lieferte Jean Beck den besten Beweis für das Zusammenklingen von Schmuck und Strenge der Moderne.
Er brachte es fertig, auf ein und dasselbe Entwurfsblatt, das auf die Zeit 1903 oder früher festlegbar ist, drei völlig unterschiedliche Arten ästhetischer Ansprüche von Formen und Ausschmückung unterzubringen.
Schwere Vasen auf Halbkugel mit dicker Röhre
Objekte mit aufgelegten Glasfäden
Objekte mit Bemalung
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Der Aufbau der Bemalung setzt sich aus zwei einfachen Elementen zusammen:
- Eine in konzentrischen Kreisen in Goldfarbe um ein Cabochon geführte Form
- Ein fortlaufendes Rankenmuster, das entfernt an einen „laufenden Hund“ erinnert.
- Manchmal tritt ein Rankenmuster in geometrischer Umfassung auf.
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Mit diesem einfachen Schmuck sind unterschiedliche Glasformen, Glasfarben dekorierbar, kombinierbar - beim Glas handelt es sich durchgängig um schweres, dichtes, farblos überfangenes Material, zumeist in den Farben Ocker, Dunkelrot, Lila.
Neben Malerei und Fäden gibt es im selben Stil neben runden Nuppen länglich davon ausgehende gezogene Cabochons, „Tränen“. Dies erweitert die Variation.
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Die Objekte sind zu dieser Zeit noch unsigniert. Deshalb werden zur Bestimmung neben dem erhalten gebliebenen Entwurfsblatt vor allem Veröffentlichungen bei Velhagen & Klasing herangezogen. So ist zu ermitteln, dass die Entstehungszeit zwischen „1903 oder früher“ und „ 1909 oder früher“ anzusiedeln ist. Daraus und wegen der immer wiederkehrenden Grundform ist eine relativ genaue Bestimmung möglich.
Zwei Vasen jedoch aus dieser Entwurfsserie führen zu weiterer Sicherheit.
Eine trägt auf dem Boden einen Papieraufkleber, kaum lesbar, aber bedingt durch das zu erwartende Ziel dann doch entzifferbar: Eine kreisrunde Schrift: Jean Beck München und ein innenliegendes Münchner Kindl.
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Und eine Vase aus dieser Entwurfsserie, mit schwarzen kugeligen Nuppen und ausgezogenen „Tränen“ ist, schwach sichtbar, signiert worden: Kleiner Achteckstempel mit Malerschilden, Jean Beck München.
Der Papieraufkleber ist ersetzt durch einen Ätzstempel.
Damit hat Beck einen „Namen“ gefunden
Die Malerei stammt entweder von Beck selbst, der vorher als “Obermaler“, also Leiter der Zeichenklasse, sowohl bei Villeroy & Boch, als auch in Wächtersbach das erlernte Handwerk ausübte und auch die „Holländischen Landschaften“ mit handschriftlicher Signatur schuf. Oder es könnte sein, dass diese Malerei Produkt eines frühen Kontakts mit Franz Scholze, seinem späteren Kollegen und Auftragnehmer als Glasmaler in München, war. Scholze unterhielt ausweislich einer an ihn adressierten Postkarte 1905 eine „Malerei“ in Regenhütte, sodass sich eine damals bereits bestehende Verbindung denken lässt.
Die Verwendung von Goldfarbe war für die Ausschmückung von Glas der Moderne verbreitet. So wurden von Otto Prutscher „Glasvasen mit Goldbemalung, um 1908“, in der Wiener Ausstellung zum Jubiläum der dortigen Kunstschau gezeigt.
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Eine auffällige Besonderheit ist bei einer der Prutscher- Vasen (1908 oder früher), dass ihre Form gleich ist den Gläsern Becks von 1908 (Stangenvasen auf breiter Basis)
Keinesfalls ist daraus ableitbar, dass es eine Beeinflussung zwischen Beck und der Wiener Moderne gab: Beck war zwar deutlich älter als die meisten seiner Wiener Kollegen wie Moser, Hoffmann oder Prutscher und begann auch wesentlich früher als diese mit seinen eigenständigen Entwürfen; nichts ist aber überliefert, ob seine Entwürfe oder Produkte nach Wien gingen. Es gibt auch keinen Beleg für gegenseitige Kontakte oder gemeinsame Produktionsstätten, bei denen ein künstlerischer Austausch hätte stattfinden können. Zudem war die „Richtung“ von Produktion und Verkauf anders: Beck war sowohl Entwerfer als auch Vermarkter seiner Produkte und zielte auf den deutschen Markt (s. Leipziger Messe und seine Berliner Großhändler Bähr und Fraenkel), für die Wiener Entwerfer gab es dort zwei „Verleger“ als Auftraggeber, Bakalowits, Lobmeyr, die die Donaumonarchie als Ziel hatten. Die Glashütten trennten kleindeutsche Staatsgrenzen: Böhmen und Bayern. „Globalisierung“ als Gefühl einer Zeit wird sich später entwickeln.
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Blanker Unfug ist es zu behaupten, Beck sei von der Wiener Moderne beeinflusst.
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Bei Gustav Pazaurek ist das wohl erste Farbfoto
von Gläsern Jean Becks erschienen.
Das ARCHIV hat zur Verdeutlichung die damals angeordnete Situation
nachgestellt.
Alle Objekte entstanden bei Poschinger, Frauenau, im Jahr 1921,
Entwurf S. 521 im Hüttenbuch.
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Pazaurek: Vier geschliffene Vasen (handkoloriert)
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Vier geschliffene Vasen, signiert, angeordnet
nach Pazaurek
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Entwurf eines gefußten Trinkbechers auf einem
Blatt im Archiv mit Angaben zur Produktion, Ausschnitt aus einem
Schaufenster der Firma Geldner, München, anlässlich des
70. Geburtstags von Jean Beck (Originalfoto im Archiv). Herstellungsjahr
1920, ausgeführtes Objekt im Bestand des Archivs (optisch geblasen).
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Hüttenbuch der Firma Gistl in Frauenau mit
Produktionsauftrag, Ausführungszahl und Ausführungshinweisen
der Serie "Hubertus" für "Beck München
19.11.25". In diesem Buch sind in Spalten Preisangaben über
Fabrikation (glatt, Iris, Goldrand, Schliffarten u.a.); alle Angaben
in Mark und Pfennig.
Quelle: Archiv des Glasmuseums Frauenau. |
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Postkarte an die Adresse von Franz Scholze; Maler,
Regenhütte.
Diese Karte ist Beleg dafür, dass Franz Scholze, Malerei, 1905
in Regenhütte (wohl mit eigenem Betrieb) ansässig war,
bevor er sich mit eigenem Atelier in München selbständig
machte und dort überwiegend für Jean Beck Glasmalereien
ausführte. Der Adressat Alex Hollick war Maler in der Firma
Gistl. |
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Postkarte "Glashütte
bei Schliersee"
Die Hütte setzte viele Entwürfe Becks um, vor allem "Gläser
für Montierungszwecke".
Besitz: Jean-Beck-Archiv
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Die Glasfabrik Schliersee war in Leipzig
auf der Michaelismesse 1906 vertreten. Quelle: Archiv Leipziger Messe,1906,
Akte 518 |
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In der Oster-Vormesse 1909 war Beck erstmals auf
der Leipziger Messe vertreten, u.a. mit "Fayence- und Kristallglas-Einlagen,
Luxusgläser usw." (Akte 523).
In der Michaeli- Messe 1909 wurde angezeigt:
Beck, Jean, München, Schwind- Str.11 u. 13, Kunstgewerbliche
Anstalt, Luxus- und Montiergläser, feinere Tafel- und Gebrauchsgarnituren,
Telephon Nr. 8974 - O - V u. M. (=Oster-Vor und Michaelismesse).
Quelle: Archiv Leipziger Messe 1909, Akte 524
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Rechts: Aus "Meyers Reisebücher. Oberbayern
und München". Leipzig und Wien, 1920: Umgebung von Schliersee.
Haltestelle Glashütte
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Zeichnung von Aloys Eckardt in der Gartenlaube
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Schutzmarke der Glasfabrik Schliersee. |
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Original in Tusche auf Packpapier
Quelle: Jean Beck Archiv |
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Erste Seite aus dem Skizzenbuch Jean Becks, Mettlach, 1879. Quelle:
Privatsammlung Mettlach
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Einziges bekanntes Exemplar einer Rechnung von Beck vom 26. Juni 1936.
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BECKS
MITARBEITER
Ein so produktiver Kopf wie
Beck konnte auf Dauer weder ohne fremde Hilfe die Vielzahl seiner
Ideen umsetzen noch deren Ausführung überwachen, zudem
war er mit der Vermarktung seiner Erzeugnisse ausgelastet.
Sein Glück war, in Max
Fischbach und Josef Stadler und im weiteren Sinn im selbständigen
Glasmaler Franz Scholze qualifizierte Mitarbeiter gefunden
zu haben, die sich mit dem Werkstoff Glas auskannten und auf die
er setzen konnte. Das widerspricht auch dem immer wieder kolportierten
Bild des schwierigen Menschen Beck: jahrzehntelang konnte
er auf diese Drei zählen, wenn er seine Vorstellungen ausführen
wollte - sie hätten ihn, schon aufgrund ihrer Fähigkeiten,
längst verlassen können. In der Schwindstraße war
in zwei Ateliers im Rückgebäude genügend Arbeitsraum
vorhanden. Über weitere Mitarbeiter findet sich bislang keine
Information.
Nachrichten über diese drei Gestalter sind wie üblich
spärlich, zu Fischbach findet sich ein kleiner, aufschlussreicher
Schriftwechsel und eine Fülle von Zeichnungen und eigenen Gläsern,
vor allem aus der Zeit als späterer Selbständiger, von
Stadler, der gelernter Glasschneider war, ist derzeit kein Objekt
bekannt, von Scholze gibt es viele von ihm bemalte und z.T. signierte
Objekte.
Max Fischbach
München 1878 München 1967
Schon mit 13 Jahren soll er die kgl. Kunstgewerbeschule in München
besucht haben, während dieser 6 Jahre von 1891 96 ist
es wahrscheinlich, dass Beck, der 1890 93 dort Studierender
war, auf ihn aufmerksam wurde, denn seit 1897 arbeitete Fischbach
als Entwerfer für Glas und Keramik bei Beck. Diese Zusammenarbeit
endete zunächst mit Fischbachs Kriegseinsatz als Flieger und
später aufgrund des Arbeitsmangels: Am 26. Juli 1917 schrieb
Beck an Fischbach darüber, dass Gistl und alle Fabriken des
bayerischen Waldes schließen müssen, weil alle
verfügbaren Arbeitskräfte teils zum Zivildienste, teils
zum Heeresdienste eingezogen werden, dazu der handschriftliche
Zusatz Regenhütte Glasfabriken und Wadgassen werden auch
nächste Woche geschlossen (Die Einengung auf Probleme
mit Arbeitern ist nicht ganz richtig: genauso war der Rohstoffmangel,
z. B. Zuteilung von Kohle, ausschlaggebend). Die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses umschreibt Beck etwas euphemistisch: Was
Ihre Zukunft betrifft, so soll es mir sehr angenehm sein, wenn Sie
schon etwas im Auge haben, denn wir und ein jeder ist den Verhältnissen,
wie dieselben bestehen, gegenüber machtlos. (Sammlung
Lhotzky)
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Damit gingen zwanzig Jahre
fruchtbare Zusammenarbeit zu Ende. Die Mitwirkung Fischbachs war
für Beck so wichtig, dass er z.B. 1907, als er längere
Zeit in Berlin war, diesen brieflich beauftragte, sich in Münchner
Geschäften nach Neuigkeiten umzusehen und Anregungen mitzubringen
(Sammlung Lhotzky).
Fischbach machte sich selbständig. und gründete in München-
Gern die OKA- Werkstätten, in denen mehrere Entwerfer Original-
Künstler- Arbeiten schufen - seine Gläser zeigen den Ätzstempel
OKA. Ab 1927 lohnte sich diese Arbeit nicht mehr, Fischbach baute
Schiffsmodelle in Metall, Silber und Kupfer und malte.
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Draufsicht auf einen Pokal von Fischbach mit für ihn typischen
Verzierungen und von Beck beeinflußter Randverzierung Bodensignatur
OKA München. Besitz: Jean-Beck-Archiv. |
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Josef Stadler
Zwiesel 1895 Bad Boll 1977
Josef
Stadler war Graveur und Mitarbeiter von Jean Beck; er vertrat ihn
als Betriebsleiter in Regenhütte. Stadler stammte aus Schliersee,
wo auch sein Vater Graveur war zu der Zeit, als Regenhütte
mit Schliersee vereinigt war.
Diese Auskunft von Herrn
Ulrich, Regenhütte hielt Alfons Hannes am 28. November 1986
fest. (Archiv Glasmuseum Frauenau)
Diese einfache Aussage bringt
viele Unsicherheiten ins Lot: über die enge (auch personelle)
Verflechtung von Schliersee mit der Regenhütte und über
Becks Rolle für die Glasproduktion.
Gesichert ist: 1910 besucht
Josef Stadler die Glasfachschule Zwiesel, 1922 wird er von Beck
nach München in sein Atelier geholt, 1932 leitete er die Glasfabrik
Regenhütte. Geschult unter Bruno Mauder an der Zwieseler
Glasfachschule und in den 1920er-Jahren geprägt durch Jean
Beck in München verband er einen untrüglichen Blick für
die funktionellen Erfordernisse einer Gebrauchsform mit der Fähigkeit,
diese Form ohne spektakulären Gestaltungsaufwand mit Harmonie
und Bedeutung zu erfüllen.
Helmut Ricke in Gralglas,
deutsches Design, Berlin, München 2011
Die Regenhütte war seit
1907 in Zahlungsschwierigkeiten, 1914 wird das Werk Schliersee geschlossen,
man sucht frisches Kapital und der nach eigenen Worten Hauptabnehmer
der Regenhütte, Jean Beck, beteiligt sich auf Bitte des Hauptgläubigers,
der Pfälzer Bank, am Werk. Josef Stadler hatte in dieser Zeit
eine Doppelfunktion: er war sowohl für Beck als auch in der
Hütte tätig in der Rolle des Aufpassers: daher der wohl
auch von anderen Teilhabern gegen Beck geäußerte Vorwurf
des Hineinregierens. Ulrich schildert gegenüber Hannes Becks
Rolle: Seine vielen Arbeiten wurden weitgehendst in der Regenhütte
ausgeführt; das Ätz- Signum mit seinem Dreieck
wurde dabei in Regenhütte aufgetragen.
(siehe Dreiecksstempel
auf Zeichnungen aus dem Fund Hannes in Regenhütte unter ENTWÜRFE).
Damit ist auch eine offene
Frage beantwortet: Beck, der ja in München arbeitet, lässt
vor Ort seine Produktion signieren. Dazu braucht er einen zuverlässigen
Kontrolleur und Entscheider, eben Josef Stadler.
Im Gegensatz zur noch offenen
Situation des Signierens bei Gistl/ Poschinger in Frauenau ist in
Regenhütte damit die Verantwortlichkeit benennbar. Ungeklärt
ist auch die eigenartige Situation, dass Beck sowohl in Regenhütte
als auch in Frauenau (Glasbuch Hütte von Poschinger Mai 1916
1927) zeitgleich produzieren ließ (neben zeitgleichen
Entwürfen für V&B Mettlach, s. dortige Sonderausstellung).
Bei Gistl/ Poschinger ist im Hüttenbuch eine Vielzahl von Entwürfen
Becks festgehalten, bei der Regenhütte lassen sich durch jüngste
Vergleiche mit dem Inventurbuch (siehe: DOKUMENTE) die Zusammenhänge
von Entwurf und Ausführung nachweisen.
1920 scheidet Beck wegen
persönlicher Differenzen in Regenhütte aus, 1922
holt er Stadler nach München und bekommt in seinem Atelier
nach Fischbachs Weggang einen hochqualifizierten Mitarbeiter, bis
dieser 1932 die Leitung der Regenhütte übernimmt. Arbeiten
Stadlers für Beck sind derzeit nicht nachweisbar.
1930 werden in Göppingen
durch Karl Seyfang und seinen Sohn die Gral- Glas- Werkstätten
gegründet, ein Betrieb für Glasveredelung von Hohlgläsern
durch Schliff und Gravur. 1932 entwerfen Karl Seyfang und Josef
Stadler die berühmt gewordene Kelchglasgarnitur A 50.
(Text der Gemeinde Dürnau).
Neben seiner Tätigkeit
als Leiter der Regenhütte ist die Entwurfsarbeit für GRAL,
außer der belegten Belieferung von Gral mit Rohglas aus Regenhütte,
für Stadler die neue große Aufgabe,
mit der
Aufnahme des Kontakts zur Regenhütte und zu Josef Stadler ändert
sich vieles. Mit dessen durch Jean Beck in München und Bruno
Mauder in Zwiesel geprägte Sehweise gewinnt die Beachtung der
Form in der jungen Firma schnell an Boden
Josef Stadler mit
seinem ausgeprägten Sinn für die überzeugende, einfache
Form und die werkgerechte Behandlung des Materials erweist sich
in diesem Prozess als der ideale Partner
Über die Entwürfe
in seinem eigentlichen Wirkungskreis in Regenhütte wissen wir
wenig. Da deren Produktion einerseits stark durch die Aufträge
Bruno Mauders und Jean Becks bestimmt waren, ist es schwierig, Stadlers
Anteil genau zu bestimmen. Ein nur in Fotokopie erhaltenes Blatt
mit Vasenentwürfen Stadlers aus den 20er- und 30er-Jahren kann
diese Lücke zwar nicht schließen, erweitert jedoch unsere
Vorstellung beträchtlich. (s.Abb.)
Bei Kriegsende 1945 wartet
Josef Stadler in der stillgelegten Steigerwald- Hütte mit ihrer
ungewissen Zukunft auf neue Aufgaben; 1946 siedelt er nach Göppingen
über.
Helmut Ricke in gralglas,
deutsches Desing, Berlin, München 2011
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Vasenentwürfe
von Josef Stadler. Links dritte Vase von oben und rechts erste
und zweite Vase von oben eindeutig aus dem Formenkatalog Jean
Becks.
Entnommen: gralglas, Deutsches Design
1930 1981 |
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1946 wird Stadler genannt
als beteiligter Gesellschafter und Designer; GRAL produziert nun
selbst in Göppingen und holt sich vertriebene Fachleute aus
dem südlichen Böhmen, aus Kraliks Eleonorenhain und aus
Winterberg. Stadlers jetzt ausschließliche verantwortliche
Tätigkeit für GRAL prägt auf viele Jahre das Programm
der Hütte. Dabei setzt er zwei bei Beck erlernte und erprobte
Techniken um: Mut zur Farbigkeit und Einsatz farblosen Überfangs,
der Gläsern eine besondere Tiefe gibt und vor allem den Stand
oft schwebend erscheinen lässt.
Anders als im Atelier Becks
muss Stadler sich, abgesehen von wenigen Unikaten, jetzt an Vorgaben
von Verkaufsleitern und Werbeleuten richten, was eine künstlerische
Weiterentwicklung fast ausschließt, wird später Prokurist
und Geschäftsführer. Gral- Glas stellt in Konkurrenz mit
anderen Hütten gutes zeitgemäßes Design her, Stadler
kann aber den bei Beck erlebten und erlernten kunsthistorisch wichtigen
Beitrag zur Moderne nicht umsetzen. 1973 geht er in den Ruhestand.
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Franz Scholze
Bei ihm sind die nachweisbaren
Daten bis jetzt am dünnsten.
1905 datiert eine Postkarte nach Zwiesel p.a. Franz Scholze
Malerei (s. DOKUMENTE
im Archiv). Es kann daraus geschlossen werden, dass Malerei
auf einen selbständigen Betrieb hinweist.
Ein weiteres Dokument ist
ein Annoncenblatt ohne Datum im Münchner Stadtmuseum:
Franz Scholze München, Loristraße 30
Werkstätte für Kunstgewerbliche Glas- und Porzellanmalerei,
mit einer Auflistung möglicher Ausführungen.
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Scholze wird im Hüttenbuch
Gistl/Poschinger mehrmals genannt, z. B. auf S. 467: Entwürfe
für Glasmalerei Franz Scholze (Schwarzlot, Arkanthus)
bemalt von Franz Scholze. Etwa März 1918.
Zwischen 15.1.1918 und 1.3.1918: direkte Lieferung von Hütte
an Scholze, Vasen mit den Produktionsnummern 467/1; 467/4,
5, 6; 467/7; 467/8, 9.
S.468: für Franz Scholze, München usw.
Diese Angaben widersprechen
der Allgemeinaussage über die Schließung aller Hütten
wegen des Kriegs - es darf eine Bevorzugung in der Freistellung
von Arbeitern und in der Versorgung mit Produktionsmitteln vermutet
werden.
Festgehalten kann werden:
Franz Scholze hat in der Münchner Loristraße ein eigenes
Malereiatelier und bietet schmückende Arbeiten an, ob er auch
direkt in Becks Atelier arbeitete, ist nicht belegbar.
Für Jean Beck führte
Scholze viele Arbeiten aus, vor allem Schwarzlotmalerei (kalt) auf
Glas (siehe Deckeldose mit Eichblättern in GLASGALERIE).
Zudem bemalte er Glas und Keramik, die durch Beck geliefert wurden,
als sog. Patrotische Gläser zum Krieg: Mit Reichssymbolen,
Text (Deutschland, Deutschland über alles), deutschen und österreichischen
Soldaten (Wir halten fest und treu zusammen). Ein gläserner
Bierkrug ( von Beck signiert) aus dieser Serie ist 1914 datiert
und der erste bekannte und ausgeführte Auftrag für Beck.
Ein erhaltener Keramikkrug zeigt die doppelte Signatur: auf dem
Boden Jean Beck, unter der Malerei F. Scholze. |
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Blaue Vase mit hochgezogener Schulter, signiert: Jean Beck. Goldene
Blüten und Mündung von Franz Scholze ausgeführt.
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Schlanke rote Vase mit hochgezogener Schulter, signiert, doppelter
Standring und Mündung bemalt von Franz Scholze. Höhe 12
cm. Diese Vase findet sich im Hüttenbuch Poschinger unter der
Produktionsnummer 4178/12 mit dem Vermerk: 18.4.1918. Für Franz
Scholze, München. |
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Vasenpärchen,
sign. Jean Beck München, h = 13,5 cm; Eichblätter gemalt
von Franz Scholze mit Dreiergruppen von Eicheln. |
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Patriotisches Weißbierglas, Bodensignatur
von Jean Beck, Malerei von Franz Scholze, Zeit: Weltkrieg. |
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Österreichischer und deutscher Soldat auf Bierkrug, 1914, gemalt
von Scholze, Bodensignatur: Jean Beck
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In eigener Verantwortung
gestaltete Scholze einen (Jubiläums-?) Krug für die Firma
Richter&Frenzel, der Wappen von München, Nürnberg,
Erfurt und Augsburg trägt. Bemerkenswert dabei ist die Bodensignatur,
die in Anlehnung an das Beck´sche Signum ein langgestrecktes
Achteck zeigt.
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Schriftliches zur Zusammenarbeit
zwischen Beck und Scholze existiert derzeit nicht - das kann auch
daran liegen, dass ihre Münchner Werkstätten nicht weit
auseinander lagen.
Becks Geschäfte liefen
offenbar gut, dies ist durch die Tatsache belegt, dass eine Buchhalterin
für ihn arbeitete; Minna Eigner aus Rechtmehring bezeichnet
sich in einem Brief (wahrscheinlich 1911) an Fischbach als Buchhalterin
a.D., ehem. in d. Fa. Beck Kunstg.Anstalt. (Slg. Lhotzky)
Ganz anders war die Situation,
wenn Beck als Keramikentwerfer arbeitete: dann standen ihm in Mettlach,
Waechtersbach, Schwandorf und Mering erfahrene Werkstätten
zu Verfügung, die seine Entwürfe umsetzen konnten.
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Entwurf von Max Fischbach für den Schmuck eines Glases, Dekor
42.
Das Transparent ist so beschnitten, dass es sich um die Kuppa eines
Glases wickeln lässt und durch Bestäuben durch die gestochenen
Löcher das Übertragen des Musters auf das Glas ermöglicht.
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Brief von Jean Beck an seinen Mitarbeiter Max Fischbach,
der als Flieger eingezogen wurde und für dessen Entlassung
aus dem Kriegsdienst er sich verwendete.
Quelle: Sammlung Lhotzky |
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Die Wandlung einer Marke
Zum Umbruch vom Historismus
zur Moderne gehört auch die Wandlung in der Gestaltung eines
Markenzeichens. Vor allem, wenn Herstellern klar wurde, dass die
bisherige Marke keinen Symbolwert für das Produkt darstellte
und kein Grund bestand, beibehalten zu werden.
Villeroy & Boch verzichtete
auf den eingeführten Merkurstempel in dem Maße, als seine
Produkte in der Moderne angekommen waren: so wurden die Entwürfe
Jean Becks fast ausschließlich mit der Kreissignatur V&B
M gestempelt, auch der Mettlacher Turm, ein gotischer
Rest des Klosters, in dem V&B heute arbeitet, wird als wiedererkennbares
Zeichen für Signaturen verwendet.
Jean Beck ließ im Jahr
1900 auch eine Schutzmarke registrieren: Ein Medusenkopf mit der
Segmentbogenüberschrift Feen, darunter ges.
geschützt. Es ist unklar, woher dieses Markenzeichen
stammt, vermutlich hatte er es von einer Glaserwerkstatt übernommen,
denn der Eintrag beim Reichsmarkenamt Berlin bezog sich weitgehend
auf Produkte einer Glaserei. Diese Glaserei befand sich aber nicht
in der angegebenen Adresse im Wohnhaus Schwindstraße 16, dort
war Beck erstmals 1900 in München gemeldet, und zwar im 2.
Obergeschoss: kein Ort für eine Werkstätte, nur geeignet
als Entwurfsfabrik. Es darf angenommen werden, dass
in der Zeit, als Beck sich in München etablierte, es für
ihn einfach wichtig war, eine seriöse und dem Zeitgeschmack
entsprechende Außendarstellung aufzubauen.
Das registrierte Markenzeichen
wurde von Beck wohl kaum verwendet - Objekt- Signaturen mit diesem
Kopf sind derzeit nicht bekannt; erst ab 1908 sind nach heutigem
Stand Signaturen von Beck überhaupt üblich, und dann in
modernem Signet.
Was vermutet werden darf:
durch höchst erfolgreiche Entwürfe in der Moderne hatte
Beck begriffen, dass sein Name MARKE ist, nicht ein unverbindliches
wirrhaariges Medusenhaupt. So wie V&B verzichtet er auf das
nichtssagende Symbol und seinen geringen Wiedererkennungswert: der
Kopf wurde wohl in der Praxis nicht verwendet, weder als Signatur
noch als Firmenkopf. Ein dicker Strich im Markenzeichenregister
verdeutlicht dies: gelöscht!
Alte Symbole wurden sowohl
bei Beck als auch bei V&B durch griffige und begreifbare Namenszeichen
ersetzt: auch ein Stück Industriekultur am Beginn des 20. Jahrhunderts. |
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Dem modernen Designer genügte
zu Anfang des 19. Jh. das, was später Standard wurde: Name
und Ort in einprägsamer klarer Schrift, verbunden mit einfachen
geometrischen Symbolen: Kreis und Oval, Dreieck, Achteck. Auch hier
war Beck mit seiner Auffassung von Moderne weit vorne: mit seinem
Namen bürgte er für Ideen und ihre qualitative Umsetzung. (Aber vielleicht gibt es
Quellen, die noch mehr offenlegen)
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Becks
Wohnhaus und Ateliergebäude im Hof, in der Schwindstraße |
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