Lebenslauf
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Jean Beck während seiner Zeit in
München
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Studiengang
Von Jean Beck, geb 1862, liegt ein eigenhändiger
"Studiengang" vor. (BHStA, München, Nr.15854),
wohl von Ende 1918.
"Von früher Jugend an widmete ich mich dem Zeichnen und
trat mit 14 Jahren (1876) in die Lehre, wo ich in den Dekorationswerkstätten
von Villeroy & Boch, Mettlach a. d. Saar die vorschriftmäßige
Lehre durchgemacht habe in der praktischen Ausbildung. Mit 17 ½
Jahren kam ich nach München an die Kunstgewerbeschule, wo ich
sechs Semester studierte. Nebenbei besuchte ich die anatomischen
Vorlesungen von Professor Rüdinger & Rückert. (ca.1879-82/83)
Auch besuchte ich sehr fleißig Turnübungen des Turnvereins
München & wurde nach einem Jahr zum Vorturner gewählt..
Herr Prof. Geheimrat Heffner- Alteneck ersuchte mich ihm behilflich
zu sein Studienblätter für Werke im Bayr. Nationalmuseum
zu zeichnen, wobei ich in historischer Kunst viel lernte & konnte
ich in seinen Büroräumen arbeiten, er zeigte und erklärte
mir alle Hauptwerke des Museums.
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Zudem (?) besuchte ich bei Prof. Friedr. Krell
Kunstgeschichte & Stillehre & später die kunstgeschichtlichen
Vorlesungen bei Prof. Berthold Rießl an der Universität.
Nach 5 Semestern Studium ging ich nach Dresden, studierte bei Prof.
Rabe & war nebenbei Volontär bei der Steingutfabrik Villeroy
& Boch, um das Geschäft, die Fabrikation dieses großen
Werkes kennenzulernen. (ca. 1886)
Von Dresden ging ich nach Berlin, wo ich an der Staats(?)manufaktur
bei Prof. Seeger in dessen Laboratorium thätig war. Auch arbeitete
ich mit Prof. Kips in seinem Atelier zusammen an den großen
Kartons, wo er die Figuren zeichnete, während ich die Landschaften,
Blumen und Früchte- Dekorationen entwarf & ausführte.
Von Berlin aus ging ich noch ein Semester an die Kunstgewerbeschule
in Düsseldorf. (ca.1884) Dann wurde ich von der Firma
Villeroy & Boch, Mettlach a. d. Saar als Dekorationschef berufen,
wo ich auch täglich den Zeichenunterricht an 30 - 40 Schüler
im Alter von 14 - 26 Jahren zu erteilen hatte; ich habe dort Hunderte
von jungen Leuten ausgebildet.
Ich verließ dann im Jahr 1890 auf Anraten von Theodor Deck,
dem Leiter der franz. Staatsmanufaktur in Sevèrs (wohl:
Sévres), Mettlach und ging wieder nach München.
Hier studierte ich bei Prof. Romeis Architektur, besuchte Privat-
Ateliers,
.die Akademie, war bei Prof. Gysis, bei Prof.
A. Erdelt thätig, ebenso eine Zeit bei Relling (?) & Aug.
Dieffenbacher usw. Ich war Schüler bei Prof. Bougereau, Ferier
& Lefebre in Paris auf der Akademie. (gleichzeitig in Wächtersbach
in leitender Stellung als Zeichenlehrer 1891-93)
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1905 -1906 bekam ich die Leitung der Staatsmanufaktur in Sevèrs
(1905/06) angeboten bei sehr guter Bezahlung (?); ich hätte
aber die französische Nationalität annehmen müssen,
wozu mich aber als guter Deutscher alle mir gebotenen Vorteile nicht
verlocken konnten.
1907 ging ich trotz einem Angebot der Sächsischen Staatsmanufaktur
in Meissen nicht von München weg, sondern studierte an der
Techn. Hochschule bei Prof. Alex. Müller Chemie & bei Prof.
Schulz Technologie.
Wiederum erhielt ich einen Ruf als Lehrer für die Componier
(?)- Klasse an die Kunstgewerbeschule n. Pforzheim. Ich zog es aber
vor mich selbstständig zu machen, versuchte durch große
Reisen nach Italien, Spanien, Schweiz, Belgien, Holland & später
auch nach England meinen Gesichtskreis zu erweitern; dabei arbeitete
ich für große Firmen des In- wie Auslandes. 1914 schuf
ich für die große Firma Egloff & Co, Turgi ca. 75
Entwürfe für die große Schweizer Ausstellung in
Bern, welche mit der großen schweizerischen, goldenen Medaille
ausgezeichnet wurde.
Im März 1918 hielt ich in Berlin im Künstlerhause einen
großen Vortrag vor ca.
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3400 (?) Personen über Deutschlands
Industrien & die Leipziger Messe. Darauf wurde ich von fünf
Divisionen eingeladen, solche Vorträge vor dem Offizierscorps
zu halten.
Später hielt ich in München im Polyt. Verein einen Vortrag
über Bayerns Anteil am Weltmarkte, wo auch König Ludwig
III. anwesend war. 8 Tage darauf besuchte mich Se. Majestät
in meiner Wohnung."
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Lebenslauf
Auszug aus einem Schreiben vom 7.Juni 1912, Grund
war die Bewerbung um den Professorentitel. BHStA, MK, 18402
"Als Kunstkeramiker gestattet sich Unterzeichneter Ew. Hochwohlgeboren
folgendes zu unterbreiten.
Ich bin 49 Jahre alt, katholisch und bayerischer Staatsbürger.
Nachdem ich in einer der keramischen Fabriken der Weltfirma Villeroy
& Boch in Mettlach/ Rheinland mir die praktischen Vorkenntnisse
für meinen Beruf erworben habe, besuchte ich 5 Semester von
1881 - 1883 die hiesige Kunstgewerbeschule, war sodann zur
weiteren Ausbildung in Dresden und Berlin. Darauf war ich 7 Jahre
in leitender Stellung als Decorations- Chef, Mal- und Zeichenlehrer
bei der Firma Villeroy & Boch in Mettlach thätig. (1883
- 1890)
Nach siebenjährigem Praktikum (wohl: praktischer Tätigkeit)
gab ich diese Stelle auf um mich noch weiter auszubilden. Ich besuchte
erneut die hiesige Kunstgewerbeschule 3 Semester von 1890 - 1892,
studierte privat bei Herrn Professor Aloys Erdelt und Herrn Kunstmaler
Aug. Dieffenbacher. Nebenbei besuchte ich die Vorlesungen diverser
Fächer der hiesigen, technischen Hochschule. Nachdem besuchte
ich 1 Jahr die Akademie in Paris, war Schüler bei Professor
Bougereau & Ferier. (1893)
Für verschiedene Branchen schuf ich die Neuheiten und Entwürfe,
vorwiegend für erstklassige keramische Institute. In besonderem
Auftrage zeichnete ich u.a. die kirchlichen Ornate für Se.
Eminenz den Bischof von Trier.
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Auch erhielt ich im Jahr 189
7. den Ruf als artistischer
Leiter den Ruf als artistischer Leiter an die Königliche Porzellanmanufaktur
in Meissen, verbunden mit der Professur, nahm aber diese Stelle
nicht an, sondern zog es vor in München zu bleiben.
Ebenso erhielt ich von der Grossherzoglich, badischen Regierung
den Ruf als Lehrer an die Kunstgewerbeschule in Pforzheim. Nachdem
aber in letzter Stunde Seine Königliche Hoheit, der Großherzog
den Wunsch äußerte, man möge einen geborenen Badenser
für die Stelle vorziehen musste ich zurücktreten.
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Seit
17 Jahren (1895) arbeite ich nun als keramischer Künstler selbstständig
und stehe mit verschiedenen größeren Fabriken, besonders
der Glasbranche in Verbindung, welche die Waren nach meinen Entwürfen
und Modellen für mich zum Alleinverkaufe ausführen. (WMF,
Deusch, Lipp, Schwandorf)
Durch meine künstlerischen Arbeiten und Erzeugnisse, sowie besonders
Entwürfe für die Silber- und Monti(e)rungsfabriken und Erschlies(s)ung
vollständig neuer Gebiete habe ich mir schon einen Namen im In-
wie im Auslande erworben.
Die feinsten Spezial- und Luxuswarengeschäfte des In- und Auslandes
sind Abnehmer meiner Erzeugnisse und die bayr, Keramik, besonders
die Glasindustrie hat durch meine Thätigkeit eine erhebliche
Ausbreitung und Empfehlung bisher gehabt.
Von vielen erstklassigen Abnehmern, besonders Hoflieferanten etc.
wurde mir seit Jahren der Wunsch geäußert, ob es nicht
möglich wäre, dass ich den Professor-Titel erhalten könnte,
weil bei feineren, künstlerischen Erzeugnissen, welche nur als
sogenannte Marken gekauft werden, der Titel des Urhebers nun einmal
von großer Bedeutung für das feine, sachverständige
und kunstliebende Publikum sei. |
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Auch von ausländischen Firmen, besonders Österreich-
Ungarn, Italien, der Schweiz, Finnland und Amerika ist mir obiger
Wunsch wiederholt geäußert worden.
Die Schwierigkeiten des Betriebes angesichts der großen ausländischen
Conkurrenz sind bisher von mir durch langjährig künstlerisch
individuelle und kaufmännisch opfervolle Thätigkeit einigermassen
überwunden worden.
Eine staatliche Unterstützung durch Anerkennung meiner kunstgewerblichen
Thätigkeit würde die Möglichkeit der Behauptung,
meine, wie ich wohl sagen darf, erheblichen Ausdehnung für
die bayr. Industrie wesentlich fördern und dieser allgemein
zu statten kommen.
Auf der hiesigen Gewerbeschau Halle II habe ich eine Auswahl meiner
Erzeugnisse ausgestellt (München 1912 - Glasserie)"
Anmerkung: Fettgedrucktes ist zur besseren Verständlichkeit
durch das Archiv eingefügt.
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